Kerstin Kowalzig ~ Gedanken und Beobachtungen aus dem Sommer 2014
Danke für diese Kostbarkeit, Kerstin!
Freiheit gefunden.
Ich habe die Freiheit gefunden. Sie existiert tatsächlich.
Freiheit kann in sieben Tagen all ihre Facetten zeigen. Sie ist wunderschön, begehrenswert und Respekt einflößend zugleich.
Sie spiegelt sich wieder in der gleißenden Sonne um sieben Uhr morgens bei der Querung zur verbotenen Insel Greifswalder Oje │
Sie glitzert in den Schaumkronen der Ostseewellen, die zum Ritt auf dem Kamm einladen │
Sie steckt im knirschenden Sand zwischen den Nudeln, welche mit Heißhunger verzehrt werden │
Sie klebt in der nassen durchgeschwitzten Neokleidung, während man neben schicken Touristen am Fischkutter ansteht │
Sie zeigt sich in den einsamen, weiten Sandstränden mit den kleinen bunten Zelten │
Sie entwickelt ihre Schönheit in den schlanken eleganten Kajaks, die einen 170km an der Küste und auf der See als treue Begleiter dienen │
Sie zaubert ein schön-trotziges Lächeln ins Gesicht, wenn man dem überraschenden Hagelschauer die Stirn bietet │
Sie schüttelt den Kopf über die Käfighaltung von Strandurlaubern auf Massencampingplätzen, die man mit einem beherzten Paddelschlag hinter sich lässt │
Sie fliegt in Form von Seeadlern so tief über die Köpfe, dass man die weißen Schwanzfedern erblicken kann │
Sie zerbeißt die Fußgelenke durch Sandfliegen │
Sie lässt einen erschaudern, wenn innerhalb von Minuten die schwarze Front eines Unwetters den Strand und das Zeltlager erreicht │
Sie liegt zitternd im Zelt, während das Tosen und Heulen des Gewitters, des Sturms, des Hagels jeglichen Realitätssinn ab absurdem führen und man den sicheren Luxus eines festen Hauses zu schätzen lernt │
Sie ergötzt sich am eleganten, kraftvollen Paddelstil│
Sie schläft im Biwak unter dem Sternenhimmel │
Sie fliegt mit den Sternschnuppen durch die Nacht │
Sie schmerzt in den Muskeln und erfüllt einen mit Stolz │
Sie liegt im Gelächter und im Scherzen der Crew │
Sie zeigt sich in der Fürsorge und den liebevollen Frotzeleien │
Sie verbirgt sich in den unendlichen Weiten des Horizontes und in der unbändigen Schönheit der Natur │
Sie entfaltet sich im „Geht’s dir gut, steht das Zelt noch“ – Telefonanruf von Zelt zu Zelt nach einem Unwetter │
Sie blinkt im hellen Leuchtfeuer quer über den nächtlichen Horizont │
Sie lässt sich im frisch gebrühten Morgenkaffee aus der Lieblingstasse schmecken │
Sie verzaubert mit Sonne im Gesicht und Salzwasserverkrusteten, Windzerzausten Haaren │
Sie existiert in jeder einzelnen Wellenbewegung, in jedem einzelnen Paddelschlag und in jedem Momenten des Dahingleitens │
Sie überkommt einem beim täglichen Schwimmen in der Ostsee und bei der ersten Dusche nach dem Urlaub │
Sie wohnt jenseits von Straßenlärm und Hektik – ist aber in der Einfachheit des Draußen Seins zu Hause │
Sie lässt einen glücklich und wehmütig zugleich zurück │
Sie erfüllt Wünsche und schafft neue Träume │
Sie bringt einen an die Ende seiner Kräfte und treibt einen zu Energie jenseits des Bekannten hinaus.
Die Freiheit, die ich meine, wohnt in Kajaks und ihrem Lebensraum – dem weiten Wasser, dem endlosen Strand, den steilen Küsten, den lebendigen Wellen und den wilden Flüssen. Sonst empfing sie mich auf slowenischem Wildwasser… Diesen Sommer durfte ich ihr auf der Ostsee zu winken.